Das Istanbul-Protokoll (kompletter Titel: Handbuch für die wirksame Untersuchung und Dokumentation von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder entwürdigender Behandlung oder Strafe) ist der Standard der Vereinten Nationen für die Ausbildung in der Begutachtung von Personen, die den Vorwurf erheben, gefoltert oder misshandelt worden zu sein, für die Untersuchung von Fällen mutmaßlicher Folter und für die Meldung solcher Erkenntnisse an die Justiz und andere Ermittlungsbehörden.
An dem Protokoll arbeiteten 75 Ärzte, Psychotherapeuten, Rechtsanwälte und Menschenrechtler, die zusammen vierzig Organisationen aus fünfzehn verschiedenen Ländern repräsentierten. Im August 1999 übergaben sie der UN-Hochkommissarin für Menschenrechte das fertig ausgearbeitete Istanbul-Protokoll. Zu den zahlreichen Autoren zählen u. a. amnesty international, Human Rights Watch, das Internationale Rote Kreuz, Physicians for Human Rights, das Lawyers Committee for Human Rights, das Behandlungszentrum für Folteropfer in Berlin sowie weitere Therapiezentren in Südafrika, Chile und den USA, verschiedene universitäre Institute, die türkische, dänische, britische, indische und deutsche Ärztekammer sowie der Weltärztebund, und nicht zuletzt das IRCT.
Mitte 2004 wurde das Istanbul-Protokoll im Rahmen der UN’s Professional Training Series (UN Serie zu professionellem Training) im Büro des UN Hochkommissars für Menschenrechte als Handbuch zur effektiven Untersuchung veröffentlicht und ist mittlerweile in mehreren Sprachen verfügbar. Das Istanbul-Protokoll zeigt die aktuellen Möglichkeiten zum Nachweis von Folterspuren auf und unterscheidet dabei zwischen der Diagnostik körperlicher Symptome an Haut, Gesicht, Zähnen, Brust, Bauch, Muskulatur, Skelettsystem, Urogenitaltrakt und Nervensystem infolge unterschiedlicher Formen von Misshandlung und dem Nachweis ihrer seelischen Folgen. (Quelle: Wikipedia, 31.07.2017)
Trotz der akribisch erarbeiteten und handhabbaren Detailinformationen wird bei (Verdacht auf) Schändung und Folter an (Klein)Kindern praktisch in keinem Fall diese Untersuchungsanleitung beigezogen. Das Netzwerk traumabasedmindcontrol.com hat nun dieses Protokoll – schnell lesbar – durchgearbeitet und bietet Handlungsanleitungen für Anwälte, Ärzte als auch schützende Elternteile.
Handlungsempfehlung der Vorgehensweise einer Inaugenscheinnahme des Kindes bei Verdacht der Folter/sexuellem Missbrauch
Bevor Sie überhaupt beginnen, den Körper des Kindes einer gründlichen Inaugenscheinnahme zu unterziehen, unternehmen Sie folgende Schritte:
Verschaffen Sie sich einen exakten Überblick über Krankheiten, ärztliche Eingriffe, Unfälle des Kindes, bevor sich bei Ihnen der Verdacht des Übergriffs erhärtete. Sichern Sie entsprechende Unterlagen als spätere Beweismittel gegen fremden Zugriff.
Überlegen Sie, welche Kleidung das Kind während der Übergriffe getragen hatte.
Sichern sie sämtliche, in Betracht kommende Kleidungstücke des Kindes.
Besteht der Verdacht, dass Ihr Kind durch konkrete Alltagsgegenstände aus Ihrem Haushalt misshandelt wurde, sichern Sie diese ebenfalls als Beweismittel gegen Verlust und Manipulation.
Erst jetzt untersuchen Sie das Kind in unbekleidetem Zustand. Gehen Sie hierzu systematisch vor und versuchen Sie dabei, auf das Kind einen emotional ruhigen Zustand zu übertragen. Sichern Sie den kompletten Untersuchungsvorgang durch Videoaufzeichnung. Getroffene Feststellungen am Körper des Kindes sichern Sie zusätzlich fotografisch in Ganzkörperaufnahme und in einer Detailaufnahme.
Ziehen Sie mindestens einen Zeugen mit möglichst einwandfreiem Leumund hinzu. Personen, die beispielsweise nach ihrem Bildungsgrad über besondere Sachkenntnisse in Medizin (Ärzte, Krankenschwestern), oder Kriminalistik (Polizisten, Juristen) verfügen, gelten als sogenannte sachverständige Zeugen später vor Gericht als besonders glaubwürdig.
Untersuchung der Haut
Berücksichtigen Sie das generalisierte Hauterkrankungen an einem Kind durch Folter, Hitze, vorsätzliche starke Lichteinwirkung oder gewaltsame Zufuhr toxischer Substanzen herrühren können. Sobald Sie eine Hauterkrankung erkennen, fertigen Sie hiervon fotografisch eine Nahaufnahme an. Nehmen Sie eine Messung der Hautanomalie vor. Beschreiben Sie detailgetreu Lokalisation, Form, Größe, Farbe Oberflächenstruktur des Befundes. Achten Sie auf solche Verletzungsmuster wie Hautabschürfungen, Quetschungen, Platzwunden, Stichwunden, Brandwunden (herbeiführbar durch Zigaretten, erhitzte Instrumente, Stromdioden). Untersuchen Sie die Kopfhaut Ihres Kindes nach Haarausfall, inspizieren Sie die Finger nach gezogenen Fingernägeln. Beachten Sie dabei, dass Hautschäden innerhalb von 6-8 Wochen verheilen können.
Eine solche Hautveränderung kann sowohl als Kratzer oder als Schürfwunde erkennbar sein. Zeigen sich dagegen Quetschungen und Blutergüsse, sind diese Anzeichen von gerissenen Blutgefäßen. Quetschungen können ein Muster aufweisen und daher sogar die Umrisse des Tatmittels widerspiegeln, mit welchem das Kind misshandelt wurde. Sobald Quetschungen Blutergüsse erzeugen und zurückgehen, durchlaufen diese eine Reihe an Farbveränderungen. Die meisten Blutergüsse zeigen sich zunächst dunkelblau, violett oder purpurn. Sofern das Kind Ihnen gegenüber einen Übergriff bezeugte, Sie aber während der Inaugenscheinnahme des Kindes noch keine Quetschung feststellen, untersuchen Sie das Kind einige Tage später erneut. Denn Quetschungen, die tiefer unter den Gewebeteilen der Hautoberfläche liegen, kommen erst später zum Vorschein.
Kam es durch die Misshandlung am Kind zu einer Platzwunde, lassen sich in der Regel auch Narbenbildungen feststellen. Gleiches gilt für Verbrennungen.
Diese sind eine Folterart, die am häufigsten bleibende Hautveränderungen hinterlässt. Brandwunden durch Zigaretten hinterlassen oftmals 5-10 Millimeter große, kreisrunde oder eiförmige Narben mit verschwommener Peripherie. Eine Verbrennung mit zuvor erhitzten Objekten verursacht Narben, welche nicht selten die Form des Instruments widerspiegeln. Sofern das Nagelbett verbrannt ist, bringt das nachfolgende Wachstum dünne, gestreifte und deformierte Nägel hervor.
Traumatische Verletzungen durch Stiche oder Schnitte werden verursacht, wenn die Hautoberfläche mit einem scharfen Objekt aufgetrennt wird. Achten Sie selbst auf kleinste Stichwunden, Einritzungen oder Einstiche.
Quelle: https://www.phoenixmd.co.uk/
Untersuchung des vorderen Gesichtsbereichs
Tasten Sie hierzu das Gewebe im Gesichtsbereich zum Nachweis eines möglichen Bruchs, einer Schwellung oder eines Knirschens (Krepitation) ab. Bei geäußertem Schmerz des Kindes nehmen Sie eine messungsgestützte fotografische Dokumentation der betreffenden Stelle vor. Eine später veranlasste Computertomographie (CT) ist die beste Weise, Knochenbrüche im Gesicht zu diagnostizieren.
Untersuchung der Ohren
Besonders Trommelfellverletzungen sind die spätere Folge von heftigen Schlägen gegen den Kopf des Kindes. Eine hierbei praktizierte Form ist die sogenannte „Telefono“, bei welcher mit beiden Handflächen zugleich ein synchroner Schlag auf die Ohren geführt wird. Durch den Druck im äußeren Gehörgang kann es daher zum Platzen des Trommelfells kommen. Im Mittelohr oder im äußeren Ohr kann beim Kind möglicherweise Flüssigkeit festgestellt werden. Ein Ohrenarzt kann sowohl in der Laboranalyse eine Bestätigung eines solchen Ohrenausflusses vornehmen, wie auch den Verdachtsfall dieser Verletzungsmuster diagnostisch untermauern. Gleichzeitig ist eine Prüfung auf möglichen Gehörverlust zwingend zu veranlassen. Durch MRT oder CT kann sich in der weiteren Folge die Frakturstelle lokalisieren lassen.
Untersuchung der Augen
Bei der Folter am Kind können verschiedenste Formen der Augenverletzungen auftreten. Achten Sie auf Blutungen und Rötungen und mögliche Linsendislokation.
Dokumentieren Sie diesen Verdacht und sichern Sie diesen anschließend durch einen Augenarztbefund ab. Eine Computertomographie (CT) kann zusätzlich Augenhöhlenfrakturen diagnostizieren. Die Magnetresonanztomographie (MRT) kann in hochauflösendem Ultraschall Weichteilverletzungen am Augapfel beweisen.
Nase
Die Nase des Kindes sollten Sie vorsichtig auf Ausrichtung, Knirschen und Abweichung der Nasenscheidewand untersuchen. Beim Verdacht einer einfachen Nasenfraktur ist schon eine veranlasste Standardröntgenaufnahme beweiskräftig. Im Falle komplizierter Nasenfrakturen sollte wenigstens ein CT durchgeführt werden.
Kiefer, Mundraum und Hals
Unterkieferfrakturen und Verrenkungen können von heftigen Schlägen gegen den Kopf des Kindes herrühren. Wurden Schläge gegen die untere Gesichtshälfte oder den Kiefer geführt, so kann in der Folge ein Kiefergelenksyndrom (Störung im Kauapparat) auftreten. Indikatoren dafür sind Kopfschmerz, Zahnschmerz aber auch Knackgeräusche beim Kauvorgang. Schauen Sie in den geöffneten Mund des Kindes, achten Sie auf Wunden im Mundraum und etwaiges Zahnfleischbluten. Insbesondere die Anwendung von Strom kann beim Kind das schmerzbedingte Aufbeißen der Zunge, des Zahnfleisches oder der Lippen herbeigeführt haben.
Lassen Sie im Verdachtsfall eine anschließende zahnmedizinische Anamnese herbeiführen. Frakturen des Unterkiefers lassen sich durch Röntgenaufnahmen und MRT genau bestimmen.
Brustkorb und Bauch
Tasten Sie den Brustkorb und den Bauchraum vorsichtig und flächendeckend frontal und rückendeckend ab. Durch Schläge und Tritte sind sowohl Verletzungen und Risse der inneren Organe, aber auch innere Hämatome möglich. Veranlassen sie im Verdachtsfall Ultraschall, CT und Knochenszintigrafie (fachärztliche Untersuchung auf Bereiche mit erhöhtem Knochenstoffwechsel).
Muskel-Skelett-System
Führen Sie behutsam an jedem Gelenk des Kindes einen Mobilitätstest durch. Geäußerte Schmerzen in der Bewegung, aber auch Verdacht auf Dislokationen, Frakturen und Frakturen rechtfertigen eine anschließende Röntgenaufnahme. Verletzungen an Sehnen, Bändern und Muskeln dagegen lassen sich am besten durch ein MRT nachweisen.
Zentrales und peripheres Nervensystem
Dokumentieren Sie wenn möglich festgestellte Störungen in der Motorik, des Gangs und der Koordination des Kindes. Gleiches gilt für Handgelenklähmung, Schwächen im Arm (ausgelöst durch gestörte Sehnenreflexe). Veranlassen Sie eine radiologische Untersuchung durch MRT des Gehirns und der hinteren Schädelgrube.
Frakturen
Festgestellte Frakturen rufen eine Verletzung der Knochensubstanz infolge der Wirkung einer stumpfen mechanischen Kraft hervor. Eine röntgenologische Untersuchung frischer Frakturelemente sollte durch einen Spezialisten der Trauma-Radiologie vorgenommen werden.
Schädel-Hirn-Trauma
Ein Schädel-Hirn-Trauma ist eine der häufigsten Folgen einer Gewaltanwendung.
Anzeichen dafür sind zum Beispiel Blutergüsse der Kopfhaut. Nachdem das Kind Schlägen gegen den Kopf ausgesetzt wurde, kann es sich anschließend über lang anhaltende Kopfschmerzen beklagen. Tasten Sie vorsichtig über die Kopfhaut und den Nackenbereich des Kindes, um mögliche lokale Schwellungen feststellen zu können. Weichteilschwellungen können sich durch CT oder MRT nachweisen lassen.
Gewaltsames Schütteln des kindlichen Körpers kann Gehirnverletzungen hervorrufen, jedoch sind dabei in der Regel keine äußeren Kennzeichen bemerkbar. Achten Sie darauf, ob das Kind in der Vergangenheit auch hier über wiederkehrende Kopfschmerzen klagte oder ob Ihnen beispielsweise Ausfallerscheinungen in Form von Orientierungslosigkeit auffielen. Dokumentieren Sie den/die betreffenden Zeiträume. Bei wiederkehrenden derartigen Symptomen sichern Sie diese auf Video. Sorgen Sie daher dafür, dass Sie Ihre Videokamera nach Möglichkeit immer griffbereit haben. Bedenken Sie die Gefahr eines Gehirnödems, subduralen Hämatoms (Blutung zwischen Hirnhaut und Gehirn) oder einer Netzhautblutung infolge der Gewalteinwirkung.
Thorax- und Abdominaltrauma (Bauchtrauma)
Rippenfrakturen beim Kind zeigen sich als eine mögliche Folge von Schlägen gegen die Brust. Hier können auch Risse in der Lunge oder eine sogenannte Pneumothorax (Luft im Lungenraum) auftreten. Durch die Gewaltanwendung in dieser Körperregion sind zusätzlich Frakturen an der Wirbelsäule möglich. Durch ein CT lässt sich eine bei Lungenfraktur ausgelöste Blutung oder eine Wasseranhäufung im Bauchraum feststellen. Weitere Verletzungen im Bauchraum können Hämatome der Milz oder akutes Nierenversagen der Fall sein. Ultraschall ist besonders hilfreich für die Identifikation von möglichen Milzhämatomen.
Schläge auf die Füße
Schläge gegen die Füße werden häufig durch einen Schlagstock oder Rohrstock geführt. Da die Zuführung stumpfer Gewalt gegen die Füße mittlerweile eine anerkannte Foltermethode darstellt, hat sich daher die Fachbezeichnung „Falanga“ (Trauma an den Füßen) etabliert. Die schwerste Folge einer sogenannten Falanga ist ein Kompartmentsyndrom (gestörte Gewebedurchblutung) am Fuß. Denkbar sind aber auch Muskelschäden oder Gefäßverschluss. Weil diese Verletzungen üblicherweise auf Weichgewebe begrenzt sind, stellen CT oder MRT die sichersten Methoden für eine abschließende radiologische Dokumentation dar. Fußschläge können letztlich eine chronische Behinderung hervorrufen. Sowohl das Gehen selbst kann dauerhaft schmerzhaft, die Fußwurzelknochen selbst können hieraus entweder fixiert (spastisch) oder überhöht beweglich sein. Tasten Sie daher vorsichtig über jede Fußsohle des Kindes, achten Sie auf Verhärtungen im Fuß, aber auch auf Risse, Narben und Verfärbungen der Haut. Dokumentieren Sie sämtliche Feststellungen. Überlegen Sie, ob das Kind in der Vergangenheit über Schmerzen beim Gehen klagte, oder auffallend oft von Ihnen getragen werden wollte und Ihnen Verletzungen an der Fußunterseite auffielen.
Aufhängen
Aufhängen ist eine häufig anzutreffende Foltermethode, die extreme Schmerzen bereitet, aber kaum sichtbare Beweise hinterlässt. Dabei werden unterschiedliche Formen praktiziert. Oftmals werden die Opfer dabei geschlagen oder anderweitig misshandelt. Zu den Komplikationen in den nachfolgenden Zeitabschnitten gehören Muskelschwäche der Arme oder Hände, Taubheit, Sehnenreflexverlust, empfindlicher Schmerz oder Unempfindlichkeiten bei Berührung. Zusätzlich zu einer neurologischen Verletzung können Bänderrisse der Schultergelenke, eine Dislokation des Schulterblattes oder eine Muskelverletzung der Schulterregion entstehen. Gleiche Schädigungsmuster sind denkbar, wenn die Opfer zwar nicht aufgehängt, jedoch in einer Zwangsstellung (gekrümmt, überdehnt) über einen längeren Zeitraum festgehalten werden.
Bewegen Sie vorsichtig sowohl Schulter, Arme und Handgelenke am Kind. Achten Sie auf Störungen in der Motorik und Schwellungen. Veranlassen Sie im Verdachtsfall eine neurologische und Untersuchung des Muskelgewebes.
Quelle: Lynn Schirmer
Folter durch Elektroschocks
Hier wird elektrischer Strom durch Elektroden übertragen, die an einer Stelle des Körpers angebracht sind. Die üblichsten Kontaktpunkte hierfür sind die Hände, Füße, Finger, Zehen, Ohren, Brustwarzen, der Mund, die Lippen und der Genitalbereich. Vor allem im Genitalbereich gelten die herbeigeführten Schmerzen als unerträglich. Da alle Muskeln entlang des Stromflusses starrkrampfartig kontrahiert werden, sind Schulterdislokationen und Erkrankungen der Nervenwurzeln (Radikulopathie) möglich. Jedoch können Art, Zeitpunkt der Anwendung, Stromstärke und elektrische Energie bei der körperlichen Untersuchung des Opfers nicht mit Sicherheit bestimmt werden. Spuren einer durch elektrischen Strom hervorgerufenen Verbrennung sind gewöhnlich rötlichbraune, kreisrunde Wunden mit lediglich 1-3 mm Durchmesser. Achten Sie daher vor allem genau auf die Hautoberfläche des Kindes.
Folter an den Zähnen
Folter an den Zähnen kann durch Zahnbruch, Bohren an der Zahnwurzel oder dem Herausziehen der Zähne möglich sein. Gleiches gilt, wenn Strom an den Zähnen eingesetzt wurde. Kontrollieren Sie bei der Untersuchung des Kindes grundsätzlich immer den Mundraum, nutzen sie dabei eine zusätzliche Lichtquelle. Sichern sie fotografisch etwaig festgestellte Zahnfleischverletzungen und Entzündungen der Mundschleimhaut. Überlegen Sie, ob das Kind in der Vergangenheit über Schmerzen beim Kauen klagte. Heftige Schläge gegen den Kopf können Einschränkungen der Kieferbewegungen und Muskelspasmen auslösen.
Folter durch Beinahe-Ersticken (sogenannte Submarino)
Diese Foltermethode hinterlässt normalerweise keine Spuren und die körperliche Erholung des Kindes tritt schnell wieder ein. Gängige Methoden sind u.a.
- Überstülpen einer Plastiktüte über den Kopf
- Gewaltsamer Verschluss von Mund und Nase
- Strangulierung bei anschließendem Einatmen von Pfeffer, Staub oder Zement
Es können hier verschiedene Anschluss-Komplikationen möglich sein. Bekannt sind in diesem Zusammenhang Nasenbluten, Blutungen aus den Ohren, Stauungsblutungen im Gesicht, akute oder chronische Atemprobleme. Achten Sie beim Kind auf sogenannte Petechien (stecknadelkopfgroße Blutungen) der Hautoberfläche. Gewaltsames Untertauchen des Kopfes in Wasser, oft absichtlich verunreinigt mit Fäkalien oder Erbrochenem kann ebenso Erstickungsängste am Kind erzeugt haben. Das Einatmen von Wasser kann zu einer anschließenden Lungenentzündung führen. Achten Sie daher genau auf Hautabschürfungen, Würgemale und Quetschungen am Hals.
Sexuelle Folter einschließlich Vergewaltigung
Eine sexuelle Folter beginnt schon mit erzwungener Nacktheit des Kindes. Darüber hinaus sind verbale sexuelle Drohungen, Schmähungen und Spott ebenfalls Bestandteil von sexueller Folter, weil sie seine Entwertung als menschliches Subjekt steigern. Eine anschließende Penetrierung des Kindes ist immer mit der Gefahr verbunden, dass es sich mit sexuell übertragbaren Krankheiten infiziert. Strom und Schläge werden bei sexuell konnotierter Gewalt an männlichen Kindern gezielt auf deren Genitalien gerichtet.
Bedenken Sie, dass der sexuelle Übergriff auch schon länger zurückliegen kann. Achten Sie auf Blutungen im Analbereich, Schmerzen des Kindes beim Stuhlgang, plötzlich auftretende Inkontinenz (Blasen/Darmschwäche), auftretende Dysurie (schmerzhaftes Ablassen des Harns), Durchfall oder Verstopfung (Obstipation).
Anders verhält es sich, wenn Ihnen unvorhergesehen der Verdacht eines kürzlich erfolgten Übergriffs kommt. Achten sie hier zusätzlich auf Blutergüsse, und Petechien, die vom Saugen oder Beißen am Kind herrühren. Wenn sexuelle Folter durch relativ große Objekte vollzogen wird, vor allem um in den Anus einzudringen, ist die Wahrscheinlichkeit einer nachweisbaren Verletzung sehr hoch.
Suchen Sie Kontakt zu einem gerichtsmedizinischen Labor und veranlassen sie einen Abstrich. Sperma kann bis zu fünf Tagen aus Materialien und bis zu drei Tagen unter Verwendung rektal gewonnenen Materials identifiziert werden. Sichern Sie alle festgestellten Verletzungsmuster fotografisch und schützen sie diese Erhebungen vor allem gegen fremden Zugriff.
Genitaluntersuchungen bei männlichen Kindern
Folter in der Genitalregion durch Quetschungen, Verdrehungen (Torsion) des Hodensacks (Skrotum) oder direkte Traumata dieser Region sind für das Kind immer besonders schmerzvoll. Hier können Gefäßausweitungen (Hyperämie), sichtbare Schwellungen und flächenförmige Blutungen der Haut (Ekchymose) feststellbar sein.
Ebenso sind Flüssigkeitsansammlungen aufgrund verminderten Harnabflusses um den Hoden (Hydrozele) möglich. Achten Sie daher darauf, ob sich bei Ihrem Kind in der Vergangenheit starke Schmerzen beim Wasserlassen einstellten bzw. ob bereits wegen einer Harnwegsinfektion eine ärztliche Behandlung des Kindes erforderlich wurde. Beachten Sie, dass Narben auf der Haut des Hodensacks und des Penis möglicherweise schwer erkennbar sind. Daher deutet das Vorhandensein von Vernarbung für gewöhnlich daraufhin, dass ein erhebliches Trauma durch das Kind erlitten wurde. Sichern Sie diese festgestellten Vernarbungen fotografisch und untermauern Sie später diese Indizien durch einen urologischen Befund eines Kinderurologen.
Untersuchung der Analregion
Nach einer analen Vergewaltigung oder dem Einführen von Objekten in den Anus können für Tage oder Wochen Blutungen am Kind auftreten. Dies kann im weiteren Verlauf zu Verstopfungen und sonstigen Beschwerden im Magen-Darmtrakt des Kindes führen. Achten Sie auf Einrisse der Schleimhaut am After des Kindes (sogenannte Analfissuren).
Merkmale einer zurückliegenden analen Penetration sind auch rektale Einrisse, mit oder ohne Blutung. Achten Sie genau auf Vernarbungen und eitrigen Ausfluss aus dem Anus des Kindes. Sichern Sie diese Feststellungen fotografisch und veranlassen Sie bei entsprechenden Indizien einen Befund eines Dermatologen und Arztes, der auf Gastroenterologie spezialisiert ist.
Nachweis psychischer Folgen am Kind
Das Kind kann bei erlittener Folter sowohl deutlich sichtbare Flashbacks im Bewusstsein, wie auch im Schlafzustand durchleben. Sichern Sie diese wenn möglich durch Videoaufzeichnung und ziehen Sie jeden erreichbaren Zeugen hinzu. Beachten Sie, dass Zeugenaussagen eine deutlich höhere Aussagekraft besitzen, wenn diese Personen nicht Ihrem Familienkreis angehören. Sofern für Sie eine unbekannte Person als Zeuge für einen Flashback in Betracht kommt, versuchen Sie daher, sich sowohl dessen Identität als die Bereitschaft einer späteren Aussage zu sichern. Überlegen Sie weiterhin, ob sich bei Ihrem Kind Verhaltensänderungen zeigten, wie:
- emotionale Abflachung (sozialer Rückzug, Erinnerungslücken, Vermeidung von Orten und bestimmten Personen)
- starke Erregbarkeit (Schlafstörungen, Reizbarkeit, Wutausbrüche, Schreckreaktionen)
- Angstzustände und plötzliche Konzentrationsschwierigkeiten
- Kurzatmigkeit, Schwindelgefühle, Schwitzen
- Appetitstörungen, plötzlich vermindertes Interesse an bisherigen festen Aktivitäten
- Gefühle der Wertlosigkeit und persönlicher Schuld
- Müdigkeit, Energieverlust, motorische Ausfälle und Verlangsamung
- somatische Beschwerden (Kopfschmerzen, Rückenschmerzen)
- psychotische Reaktionen (Wahnvorstellungen, akustische, optische und Geruchshalluzinationen)
- bizarre Ideenbildung, Paranoia, Verfolgungsangst
- PTBS (Posttraumatische Belastungsstörung)
Verschleierung
Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass Folterer versuchen können, ihre Handlungen zu verschleiern. Um physische Beweise für Schläge zu vermeiden, wird die Folter oft mit breiten, stumpfen Gegenständen durchgeführt, und Folteropfer werden manchmal mit einem Teppich bedeckt oder haben, im Fall von Falanga, Schuhe an, um die Kraft einzelner Schläge zu verteilen. Verdrehen von Gliedmaßen, Quetschverletzungen und Ersticken sind ebenfalls Formen von Folter, denen die Absicht zugrunde liegt, maximalen Schmerz und maximales Leiden bei minimaler Nachweisbarkeit zu erzeugen. Aus dem gleichen Grund werden nasse Handtücher bei Elektroschocks verwendet.
Quellen:
Andreas Frewer; Holger Furtmayr; Kerstin Krása; Thomas Wenzel (Hg.): Istanbul-Protokoll. Untersuchung und Dokumentation von Folter und Menschenrechtsverletzungen. Verlag V&R unipress: Göttingen, 2015 (2. überarbeitete Auflage). Download: http://www.v-r.de/_uploads_media/files/9783737000307_frewer_oa_wz_010746.pdf
Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Istanbul-Protokoll (Abgerufen am 31.07.2017)
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